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Title: Sarstedt - Mühlenwerke Ernst Malzfeldt
Author: Jan
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Baujahr/Ersterwähnung
14. Jh, heutige Gebäude 1864 bis 1924

Gebäudetyp
Wassermühle, Dampfmühle

Mühlenart
Getreidemühle

Betriebszustand
Am 30.11.1965 den gewerblichen Betrieb eingestellt, Mühleneinrichtung entfernt, Einrichtung der Getreidesilos vollständig erhalten



Geschrieben von: Werner Vahlbruch, Jan Wiedenroth: Die Geschichte der Sarstedter Mühle reicht bis in das 14. Jahrhundert zurück. Ursprünglich war die Mühle bischöfliches Tafelgut. Seit über 600 Jahren ist die Wasserkraft des Flusses "Innerste", die im Oberharz entspringt und wenige Kilometer nördlich von Sarstedt in die Leine mündet, für Sarstedt von Bedeutung. In einem Revers aus dem Jahr 1353 am St. Agnetentage wird erwähnt, dass Johann von Escherde und seine Mutter erklären, dass sie dem Fürstbischofe von Hildesheim auf ihre Forderung an dieser Mühle Verzicht getan hätten. 1371 verkauften die Brüder Volkmar die Mühle an den Müller Brand in Hasede. Die Hoheit über die bereits 1333 erwähnte Sarstedter Mühle war zwischen den Herzögen von Braunschweig und den Bischöfen von Hildesheim lange streitig. Nachdem die Herzöge angegeben hatten, dass die Mühle zu Sarstedt von deren Vorfahren in der Zeit von 1519 bis 1643 akquiriert sei und dieses beweisen konnten, sollte dem so sein. Die Landeshoheit verblieb jedoch uneingeschränkt bei Hildesheim. Selbst 1715 bis 1720 erhob das hildesheimische Amt Ruthe noch Anspruch auf die Jurisdiktion über die zum Amt Koldingen (Fürstentum Calenberg) gehörende Sarstedter Mühle.

Später ging die Mühle an die Hannoversche Regierung über. Diese ließ in den Jahren 1733/1734 einen vollständigen Neubau des Wehres und des Mühlengebäudes herstellen. Der Bau wurde so gut und solide ausgeführt, dass noch heute Teile davon vorhanden sind.
Beim Neubau der Mühle im Jahre 1924 konnten die ca. 2 Meter starken Quadermauerwerk-Fundamente der alten Mühle mit verwandt werden. Aus dieser Zeit sind noch zwei Stiftungstafeln mit Inschrift "12 July Anno 1734" und "Providentia Georgii II Regis et Electoris Hoc Opus Publicae Utilitate Dicat" vorhanden. Eine der Stiftungstafeln befindet sich über der Eingangstür des Hauptgebäudes. Wiederholt sind auf dem Grundstück der Mühle historische Funde gemacht worden. So wurde u.a. beim Turbinenbau im Jahre 1900 ein Thaler aus der Zeit des Kaisers Matthias (1612 bis 1619) eingemauert gefunden.

Im Jahre 1853 schrieb die hannoversche Regierung die Sarstedter Wassermühle zum Verkauf aus. Der Getreidekaufmann Ernst Malzfeldt, gebürtig aus Isingerode/Harz und ansässig in Hildesheim erhielt den Zuschlag und übernahm am 1. Mai 1854 die Mühle. Die Mühle besaß zum Antrieb sechs unterschächtige Wasserräder, die in zwei Wasserradgerinnen zu je drei hintereinander angeordnet waren. Sie arbeitete, wie alle Mühlen der damaligen Zeit, handwerksmäßig für die Lohnmüllerei.
Der neue Besitzer brachte neue Ideen und Pläne mit und baute die Mühle nach kaufmännischen Gesichtspunkten aus. Die Sarstedter Wassermühle war die erste Handelsmüllerei im Königreich Hannover.

Es muss recht schwierig gewesen sein, die Bäckermeister jener Zeit davon zu überzeugen, statt Getreide Mehl einzukaufen. Die Bäcker kauften damals ihr Getreide selber vom Landwirt oder Händler und ließen es in der nächsten Mühle mahlen. Einen großen Boden voll Korn liegen zu haben, gehörte zum Privileg eines Bäckermeisters. Schnell haben die Bäcker jedoch ihre ablehnende Haltung beiseite geschoben und verbackten von nun an nur noch "Malzfeldt-Mehl".

Bereits 1858 reichte das alte Mühlengebäude nicht mehr aus und am anderen Ufer der Innerste wurde ein neues Mühlengebäude zur Herstellung von Weizenmehl für die Handelsmüllerei gebaut. 1864 wurde der erste Getreide-Silo-Speicher erbaut und 1868 anstelle der Wasserräder die ersten drei Turbinen eingebaut. Das Werk blühte immer mehr auf, und mit der Steigerung der Vermahlungsmenge stieg auch der Kraftbedarf der Mühle. So mussten im Jahre 1875 zwei weitere Turbinen eingebaut werden und - um die Mühle von Hochwasser unabhängig zu machen - wurde im selben Jahre die erste Dampfmaschinenanlage errichtet. Große Speicherbauten zur Lagerung von Getreide und eigene Lagerräume für Fertigfabrikate mussten in der Folgezeit errichtet werden.

Die meisten Gebäude tragen noch heute das Datum ihrer Entstehung. Vorherrschende Stilbewegungen bestimmter Epochen lassen sich gut erkennen. Von den ältesten Gebäuden stammen die untersten Stockwerke des Mühlengebäudes und des Wohn- und Geschäftshauses an der Mühlenstraße aus dem Jahr 1734.

Briefkopf der Malzfeldt-Mühlenwerke von 1908.

Die Rückseite des Werksgeländes 1910. Rechts die Weizenmühle die 1919 abgebrannt ist. Foto: MIAG Braunschweig

Die Mühle 1912. Zwischen Schornstein und dem Roggensilo ist die 1919 abgebrannte Weizenmühle zu sehen.

Eine Luftaufnahme des Malzfeldt-Werkes zwischen 1912 und 1919.

Neben dem Werk in Sarstedt betrieb Ernst Malzfeldt noch drei weitere Mühlen, die Diemelmühle in Carlshafen, die Brückmühle in Hannover und die Calenberger Mühle in Schulenburg bei Pattensen.

Am 15.2.1919 brach in der Firma Ernst Malzfeldt ein Feuer aus. Die sechsstöckige Weizenmühle brannte vollständig nieder. Die gesamte Inneneinrichtung der Mühle wie Walzenstühle und Plansichter, wurden ein Raub der Flammen.
Während 1200 Säcke Weizenmehl noch geborgen werden konnten, verbrannten 400 Zentner Weizen. Der Brandschaden betrug 1 Millionen Mark.
Ein weiteres Feuer brach am 28.7.1937 in der Reinigungsanlage aus, dessen angerichteten Schadens aber dank des schnellen Einsatzes der Feuerwehr gering gehalten werden konnte.

Das Gebäude der Weizenmühle wurde nicht wieder aufgebaut. 1924 wurde der mittlere Teil des Hauptgebäudes neu gebaut in dem die Roggen- und Weizenmühle eingebaut wurde.

Trotz ständiger Weiterentwicklung wird seit einigen Jahren das Müllerhandwerk in der Sarstedter Mühle nicht mehr betrieben. Mit dem Verkauf der Vermahlungsquote wurde am 30.11.1965 der Mühlenbetrieb stillgelegt.

Seit dieser Zeit setzt das Unternehmen voll auf die Stromgewinnung. Die ersten Schritte, die Wasserkraft zur Stromerzeugung zu nutzen, erfolgten bereits im Jahre 1958 mit der Stilllegung der Dampfmaschinenanlage.
Der Elt-Anschluss an das öffentliche Netz der HASTRA wurde installiert. Überschüssige Energie aus Wasserkraft wurde an die HASTRA geliefert, fehlende Energie für den Betrieb wurde als Strom von der HASTRA bezogen.
Heute wird die gesamte Energie aus Wasserkraft bis auf den geringen Stromverbrauch der auf dem Werksgelände angesiedelten Gewerbebetriebe in das öffentliche Netz der AVACON eingespeist.

Bis auf den Getreidesilos sind heute in den Gebäuden des Mühlenwerkes verschiedene Firmen ansässig. Die Einrichtung der beiden Getreidesilos ist bis heute erhalten geblieben.


Zwischen dem ersten Getreidesilo und der Mühle befindet sich die Einfahrt zum Werksgelände. Foto: Jan Wiedenroth

Das erste Getreidesilo wurde 1864 gebaut. Foto: Jan Wiedenroth

Das Hauptgebäude der Mühle in dem nach dem Brand 1919 auch die Weizenmühle mit eingebaut wurde. Foto: Jan Wiedenroth

An diesem Gebäudeteil befand sich die Übernahme aus dem Getreidesilo. Foto: Jan Wiedenroth

Das ehemalige Maschinenhaus der Mühle. In diesem befindet sich heute ein kleines Mühlenmuseum. Foto: Jan Wiedenroth

Das Roggensilo von 1899. Foto: Jan Wiedenroth

Die Rückseite des Roggensilos. Foto: Jan Wiedenroth

Nebengebäude des Roggensilos. Foto: Jan Wiedenroth

Das Weizensilo von 1912. Über der Dachrinne am Giebel auf der rechten Seite kann man noch das abgetrennte Rohr erkennen, welches in die alte Weizenmühle ging. Foto: Jan Wiedenroth

Wie man an den Rohren erkennen kann, sind die Getreidesilos miteinander verbunden. Foto: Jan Wiedenroth

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