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Title: Artikel von 1829: Ankündigung einer neuen Art von Mühlen (dem heutigen Walzenstuhl)
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Geschrieben von Hrn. M. A. von Müller, russischem Hofrathe:  Der Zufall führt oft zu einer Erfindung, die man mitten unter wissenschaftliche...
Geschrieben von Hrn. M. A. von Müller, russischem Hofrathe: Der Zufall führt oft zu einer Erfindung, die man mitten unter wissenschaftlichen Untersuchungen vergebens sucht. So erging es mir mit meinen Mühlen, die ich, in dem Zustande, in welchem sie sich gegenwärtig befinden, als meine Erfindung betrachten kann; als eine Erfindung, die für alle Länder, vorzüglich aber für Pohlen höchst wichtig ist, wo sie die Ausführung des Mehles erleichtert.

Ich hatte vor drei Jahren die Idee, eine Handmühle für eine Landwirthschaft zu bauen, die weit von irgend einer Mühle entlegen ist, und studirte daher den Mühlenbau. Da das Mehl, welches zu Warschau unter dem Namen Marimont-Mehl bekannt ist, eine der besten Mehl-Arten ist, die man in Europa bereitet, so studirte ich die Art, wie dasselbe zubereitet wird.

Die Mehlbereitung besteht überhaupt darin, daß man die Hülle, die das Korn umgibt, absondert, und die unter derselben enthaltene weiße Substanz so fein als möglich zertheilt. Je genauer die Kleie, ohne sehr gepülvert worden zu seyn, von dem Mehle geschieden wird, desto besser ist das Mehl. Das beste Mittel, das man bisher kannte, um die Kleie schnell vom Korne zu sondern, sind die Mühlensteine, und man mahlt auf zweierlei Art, indem man entweder das Korn befeuchtet, oder es troken zerreibt. Die erstere dieser Methoden verhindert das Erhizen der Mühlsteine, gibt der Hülle Zähigkeit, und erleichtert den Abgang der Kleie) sie fordert aber viele Zeit, und legt schon in der Mühle einen Keim zur Gährung in das Mehl, das, aus eben diesem Grunde, ohne wieder getroknet zu werden, nicht aufbewahrt werden kann. Bei der zweiten Methode wird das Mehl mehr oder weniger erhizt, so zwar, daß es zuweilen ganz angebrannt schmekt, und es mengt sich immer mehr oder minder Kleie unter dasselbe; das Mahlen geht aber geschwinder von Statten, und man erhält, unter der nöthigen Vorsicht, ein Mehl, das sich lang in Magazinen aufbewahren läßt. Man mag indessen das Mehl wie immer mahlen, so ist es nöthig, daß dasselbe, wo es schön werden soll, nach und nach gemahlen wird, und daß man nur denjenigen Theil nimmt, der sich am leichtesten mahlen läßt. Man wird bald wahrnehmen, daß sich in der Mitte des Getreidekernes eine sehr zerreibliche Substanz befindet, die ein herrliches Mehl liefert, und daß das Mehl desto schlechter wird, je näher der nahrhafte Theil des Kornes, aus welchem es bereitet wird, an der Samenhülle gelegen ist. Daher lassen Müller, die mit Verstand und Fleiß arbeiten, wenn sie feines Mehl mahlen wollen, die Grüze vier, acht bis zehn Mahl durch die Mühle laufen, und das Mehl ist, nach meinen Erfahrungen, bei jedem Durchgange theils an Farbe, theils an Güte, theils an Schwere, theils an Starke verschieden. Die sogenannte amerikanische oder englische Methode, nach welcher man mit großen Mühlsteinen von verschiedenem Korne alles Mehl auf ein Mahl mahlt, kann nur sehr ordinäres Mehl liefern.

Bei den gewöhnlichen Mühlen mit Mühlsteinen verschwendet man eine große Kraft unnüz; denn, einen Mühlstein von 20 bis 40 Ztrn. schnell herumtreiben, und dieß 6 bis 8 Mahl wiederholen, um ein kleines Korn sehr fein zu mahlen, heißt wahrlich Kraft auf eine unbegreifliche Weise verlieren. Die Mühlensteine müssen öfters geschärft werden, wenn man schönes Mehl erhalten will, und da der Läufer nothwendig auf den Lieger wirken muß, so nüzt der eine oder der andere sich schnell ab. Die Steine erhizen sich ferner sehr leicht, und es mischt sich immer Sand unter das Mehl, um so mehr, als die Schwere des Läufers und die Schnelle seiner Umdrehungen nicht selten alle Vorsichtsmaßregeln, die Steine immer in vollkommen gleicher Entfernung zu halten, unmöglich macht.

Diese Schwierigkeiten brachten mich auf die Idee, bei dem Mahlen die Einwirkung zweier Cylinder zu versuchen, die sich so neben einander in entgegengesezter Richtung drehen, daß sie sich nie berühren können, und nur auf das Korn wirken, das man mahlen will. Ich gab alle früheren Erfindungen auf, z.B., die zwei Metallplatten, von welchen nur eine sich dreht; einen Cylinder, der gegen eine feststehende Wand wirkt; einen Kegel, der wie in einer Kaffeemühle läuft; denn alle diese haben zu viel Aehnlichkeit mit den gewöhnlichen Mahlmühlen, und noch mehr Nachtheile, als dieselben. Ich erwartete um so mehr von diesen beiden Cylindern, als die Engländer schon seit langer Zeit sich derselben in den Brauereien zum Schroten des Malzes bedienten.

Wenn ich nun meinen Walzen eine etwas rauhe Oberfläche, und die gehörige Härte, zugleich aber auch eine solche Form und Bewegung gab, daß sie, nach Belieben, schroten und mahlen konnten, so konnte ich hoffen, |176| meinen Zwek erreicht, und alle Nachtheile der bisherigen Methoden beseitigt zu haben.

Da ich hörte, daß ein gewisser Helfenberger eine ähnliche Maschine erfand, ließ ich eine derselben kommen, und fand, daß wir so ziemlich auf demselben Wege waren. Obschon die Hauptidee des Hrn. Helfenberger sehr sinnreich war, so scheint man doch seine Mühle wegen mehrerer Hauptmangel Ausgegeben zu haben, die sie darbot, die aber alle nur von Nebensachen abhängen.

Zahllose Versuche, die ich langer als Ein Jahr lang fortsezte, sezten mich endlich in den Stand, eine ganz neue Mühle zu erbauen, die ein erfreulicheres und vollkommen gelungenes Resultat darbot.

Diese Hand-Mühle übertrifft durch die Leichtigkeit, mit welcher sie sich bewegen läßt, durch die Schnelligkeit, mit welcher sie arbeitet, durch die Menge, Feinheit, Reinheit, Güte und Trokenheit des Mehles alle anderen früheren Maschinen ähnlicher Art, und ihr eben so einfacher als fester Bau verspricht lange Dauer ohne bedeutende Ausbesserungen. Man kann auf dieser Mühle alle Arten von Mehl mahlen von der feinsten bis zur gröbsten, und auch verschiedene Arten von Graupen. Sie schrotet das Malz zum Brauen und Brantweinbrennen. Sie reinigt den Hafer auf eine ganz neue, eben so wohlfeile, als für die Gesundheit der Pferde zuträgliche Weise. Sie mahlt vollkommen alle Oehlsamen, so wie auch den Tabak, Kaffee, den Kakao, den Senf, Erbsen, Bohnen, und andere Dinge, die gebrochen werden müssen. Sie läßt sich in jedem Zimmer aufstellen, und dient also für jede Landwirthschaft, um so mehr, als jeder Dienstbothe, ohne jemahls das Müller-Handwerk gelernt zu haben, mit derselben mahlen und nach Bedarf oder nach Muße mahlen kann. Man erspart das Fahren nach der Mühle, das Warten auf derselben, die Aufsicht über den Müller, die Gefahren des Betruges und des Verlustes beim Transporte des Mehles, die Nachtheile des Wassermangels, der Windstille, und dergl.

Eine solche Mühle kann mit zwei Menschen in Einer Stunde 2 bis 300 Pfund Getreide mahlen, oder Malz und Hafer schroten.

Ich versuchte an diesen Hand-Mühlen eine stärkere Kraft, z.B., die eines Pferdes, anzuwenden, und nach Einem Jahre und vielen angestellten Versuchen gelang es mir die Roßmühle zu erbauen, die gegenwärtig in einer der Vorstädte Warschau's im Gange, und noch nüzlicher ist, als die Handmühlen. Sie ist so vorgerichtet, daß sie fünf Arbeiten auf Ein Mahl verrichtet, und da ich an ihr zugleich eine Maschine anbrachte, die das Korn reinigt und sortirt, und vorzüglich eine neue Art durchzubeuteln, so kann meine Mühle, die von 8 gewöhnlichen Pferden getrieben wird, in einer Stunde 1000 Pfund Korn vollkommen und mit dem großen Vortheile mahlen, daß das Mahlen allmählig geschieht, und daß das Korn, die Graupen und das Mehl in diesem Zwischenraume zehn Mahl durchlaufen. Das Korn mag angefeuchtet oder troken aufgeschüttet werden, das Mehl wird immer fein, weiß und schon ausfallen, und die Kleie wird immer vollkommen rein seyn. Das Mehl aus trokenem Korne ist vollkommen troken, und läßt sich in Magazinen aufbewahren, oder ohne alle Gefahr verführen, während die Ausfuhr des Kornes höchst kostspielig, und mit immerwährendem Verluste, oft mit gänzlichem Verderben verbunden ist. Diese Ausfuhr ist um so vortheilhafter, als das grobe Mehl und die Kleie zurükbleibt, und so zur Nahrung des Menschen und Mästung des Viehes dient.

Zur Verbreitung dieser nüzlichen Maschine erbietet sich Hr. v. Müller den Verwaltungen, Gesellschaften und Privaten in allen Ländern dieselbe unter den billigsten Bedingungen mitzutheilen. (Aus dem Französischen. Im Auszuge.)

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